BGH: Nutzung einer Teileigentumseinheit im Ärztehaus zu Wohnzwecken?

Der Bundesgerichtshof hat am 23. März 2018 über einen Rechtsstreit entschieden, in dem mehrere Teileigentümer von dem Eigentümer einer früher als Arztpraxis genutzten Teileigentumseinheit verlangt haben, dass er es unterlässt, die Einheit zu Wohnzwecken zu nutzen.

Sachverhalt:

Die Parteien sind Mitglieder einer Teileigentümergemeinschaft. Nach der Teilungserklärung von 1989/1990 dient das aus sieben Einheiten bestehende Gebäude „zur beruflichen und gewerblichen Nutzung“. Die Einheiten dürfen „ausdrücklich beruflich oder gewerblich, insbesondere auch als Apotheke oder Arztpraxis genutzt werden“. Nach der Aufteilung befanden sich zunächst in sechs Einheiten Arztpraxen, die siebte diente als Apotheke. Der Beklagte ist Eigentümer einer der ursprünglichen Arztpraxen. Im Jahr 2013 wurde in unmittelbarer Nähe zu der Anlage ein großes Ärztehaus errichtet. Die Mieter des Beklagten kündigten das Mietverhältnis. Aktuell werden nur noch drei Einheiten als Arztpraxen genutzt. Die Apotheke wurde zu einem Teil an ein Büro für Tierschutzhilfe vermietet und steht im Übrigen leer. In einer der ehemaligen Arztpraxen befindet sich eine Schülernachhilfe. Der Beklagte teilte seine Einheit auf, baute sie um und vermietete beide Teile als Wohnraum.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht ihr stattgegeben und den Beklagten verurteilt, die Nutzung seiner Einheit zu Wohnzwecken zu unterlassen. Mit der Revision, die der Bundesgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, will der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision zurückgewiesen. Er hat die Entscheidung des Landgerichts allerdings nur im Ergebnis für richtig gehalten.

Im Ausgangspunkt steht den Klägern ein Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs.

3 WEG zu, weil die Einheit des Beklagten nach der Gemeinschaftsordnung nicht als Privatwohnung, sondern nur für berufliche und gewerbliche Zwecke genutzt werden darf. Zwar kann sich eine nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung als zulässig erweisen, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung. Das ist aber bei der Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn sich die Einheit – wie hier – in einem ausschließlich beruflichen und gewerblichen Zwecken dienenden Gebäude befindet. In einem solchen Gebäude ist die Wohnnutzung bei typisierender Betrachtung regelmäßig schon deshalb störender als die vorgesehene Nutzung, weil sie mit typischen Wohnimmissionen (wie Küchengerüchen, Freizeit- und Kinderlärm oder Musik) sowie einem anderen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums (etwa im Flur herumstehenden Gegenständen) einhergeht und zu anderen Zeiten – nämlich ganztägig und auch am Wochenende – erfolgt. Die Teileigentümer haben ein berechtigtes Interesse daran, dass der professionelle Charakter einer derartigen Anlage erhalten bleibt, um Konflikte, die durch eine in der Teilungserklärung nicht angelegte gemischte Nutzung hervorgerufen werden können, von vornherein zu vermeiden.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt aber in Betracht, dass der Beklagte gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 WEG die Änderung der Gemeinschaftsordnung dahingehend verlangen kann, dass seine Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken genutzt werden darf. Mit der Kodifizierung des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber die Hürden an die Anpassung der Gemeinschaftsordnung bewusst etwas absenken wollen. Dass schwerwiegende Gründe im Sinne der Norm vorliegen, kommt in Betracht, wenn – wie es der Beklagte vorträgt – eine dauerhafte gewerbliche Vermietung angesichts von Lage und Ausstattung des Gebäudes nicht ernsthaft zu erwarten ist; dann würde der Beklagte an einer wirtschaftlichen Verwertung der Einheit gehindert. Mit Erfolg rügt die Revision deshalb, dass – wie von dem Beklagten beantragt – ein  Sachverständigengutachten eingeholt werden müsste, wenn es auf das Bestehen des Anpassungsanspruchs ankommen sollte. Vor dem Hintergrund, dass in der Nachbarschaft ein modernes Ärztehaus entstanden ist, drei der ehemaligen Arztpraxen leer stehen, die Apotheke nicht mehr als solche genutzt wird und das Amtsgericht nach Zeugenvernehmung mehrerer Makler zu der Überzeugung gelangt ist, dass eine Vermietung als Praxis oder für ähnliche Zwecke trotz längerer intensiver Bemühungen des Beklagten unabhängig von dem geforderten Mietzins nicht möglich gewesen sei, weil es keine Interessenten gegeben habe, lässt sich ohne sachverständige Begutachtung nicht ausschließen, dass schwerwiegende Gründe für das Begehren des Beklagten streiten. Darüber hinaus müsste geklärt werden, welche konkreten Nachteile den Klägern daraus erwachsen, dass die Einheit des Beklagten zu Wohnzwecken genutzt wird. Dabei könnten unter anderem die baulichen Gegebenheiten von Bedeutung sein. Bei der von § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG geforderten umfassenden Interessenabwägung müsste ggf. auch in den Blick genommen werden, dass sich ein dauerhafter Leerstand für die gesamte Anlage – und damit auch für die Kläger – als nachteilig erweisen kann.

Gleichwohl hat das Berufungsgericht der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Selbst wenn nämlich ein Anpassungsanspruch gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG bestehen sollte, müsste der Beklagte diesen zunächst im Wege der Klage durchsetzen. Er darf ihn nicht im Wege der Einrede gegen den Unterlassungsanspruch geltend machen. Diese Frage war bislang umstritten.

Der Bundesgerichtshof hat nun geklärt, dass berechtigte Anpassungsbegehren erst in der Gemeinschaftsordnung umgesetzt werden müssen, damit klar und eindeutig ist, welche Vereinbarungen für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gelten. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn man den Anpassungsanspruch im Wege der Einrede geltend machen dürfte. Dann würde die Unterlassungsklage zwar wegen des bestehenden Anpassungsanspruchs abgewiesen. Eine Änderung der Gemeinschaftsordnung unterbliebe aber; es stünde auch nicht rechtskräftig fest, dass der Anpassungsanspruch besteht, weil sich die Wirkungen der Rechtskraft nicht auf Einreden erstrecken.

Ließe man eine solche Einrede zu, würden die übrigen Eigentümer außerdem durch die eigenmächtige Nutzungsänderung in die Klägerrolle gedrängt.

Grundsätzlich muss aber derjenige, der gegen den Willen der übrigen Wohnungseigentümer die Anpassung der Nutzungsregelung erreichen will, eine darauf gerichtete Klage erheben; die neue Nutzung darf er erst dann aufnehmen, wenn er ein entsprechendes rechtskräftiges Urteil zu seinen Gunsten erstritten hat. Bis dahin muss die bislang geltende Gemeinschaftsordnung beachtet werden und Nutzungen, die den darin vereinbarten Zweckbestimmungen widersprechen, müssen unterbleiben.

 

Urteil vom 23. März 2018 – V ZR 307/16

 

Vorinstanzen:

AG Dachau – Urteil vom 28. April 2016 – 5 C 18/15 WEG

LG München I – Urteil vom 14. Dezember 2016 – 1 S 9709/16 WEG

 

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 10 WEG Allgemeine Grundsätze

Abs. 2 Satz 3 Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

§ 15 WEG Gebrauchsregelung

Abs. 3 Jeder Wohnungseigentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.

 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 061/2018 vom 23.03.2018

Nutzung einer Teileigentumseinheit als Flüchtlingsunterkunft (BGH V ZR 193/16)

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Oktober 2017 – V ZR 193/16

Der Bundesgerichtshof hat am 27.10.2017 über einen zwischen zwei Teileigentümerinnen geführten Rechtsstreit entschieden, der die Zulässigkeit der Nutzung einer früher als Altenpflegeheim dienenden Teileigentumseinheit u.a. als Flüchtlingsunterkunft zum Gegenstand hatte.

Sachverhalt:

Die Teileigentümergemeinschaft besteht aus der Klägerin und der Beklagten. Bei der Errichtung des Gebäudes zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde es als Kinderheim konzipiert und zunächst auch als solches genutzt. In den 1970er Jahren erfolgte die Aufteilung in zwei Teileigentumseinheiten (vgl. dazu § 1 Abs. 3 WEG). Zu dieser Zeit befand sich in der deutlich größeren Einheit Nr. 1, die inzwischen im Eigentum der Beklagten steht, ein Altenpflegeheim. In der Einheit Nr. 2 der Klägerin wurde fortlaufend eine Arztpraxis betrieben; heute ist dort eine kardiologische Praxis ansässig. Die Teilungserklärung enthält folgende Regelung:

„Herr (…) teilt hiermit das Eigentum (…) in der Weise in Miteigentumsanteile auf, dass mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an bestimmten, nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen, verbunden wird.“

Im Einzelnen wurden gebildet:

  1. Miteigentumsanteil von 869/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen (…) Räumen des Altenpflegeheims (…), im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichnet,
  1. Miteigentumsanteil von 131/1000, verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen (…) Räumen der (…) Praxis, im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichnet.

Die Einheit Nr. 1 – das frühere Altenpflegeheim – steht seit dem Jahr 2003 leer. Die Beklagte hat zunächst angekündigt, darin ein Arbeiterwohnheim einzurichten; nunmehr will sie die Einheit als Unterkunft für Asylbewerber oder Flüchtlinge nutzen.

 

Bisheriger Prozessverlauf:

Auf die von der Klägerin erhobene Unterlassungsklage hat das Amtsgericht der Beklagten untersagt, in dem Teileigentum Nr. 1 eine Unterkunft für „Arbeiter, Asylbewerber, Flüchtlinge oder sonstige in den Raum München Zugezogene oder Gestrandete zu betreiben oder von Dritten betreiben zu lassen.“ Das Landgericht hat die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen. Mit der von dem Bundesgerichtshof zugelassenen Revision will die Beklagte die Abweisung der Unterlassungsklage erreichen.

 

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat den Beschluss des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Er hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 15 Abs. 3 WEG verneint, weil er die von der Beklagten beabsichtigten Nutzungsformen im Grundsatz als zulässig ansieht. Dabei hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Die mit Wohnungs- und Teileigentum gesetzlich vorgesehenen Grundtypen der Nutzungsbefugnis (vgl. § 1 WEG) schließen sich – vorbehaltlich anderer Vereinbarungen – gegenseitig aus. Dient eine Einheit nicht zu Wohnzwecken, darf sie grundsätzlich nur zu Zwecken genutzt werden, die nicht dem Wohnen zuzuordnen sind. Wird eine Nutzung dem Wohnen zugeordnet, muss sie im Umkehrschluss in Wohnungseigentumseinheiten jedenfalls im Grundsatz als zulässig erachtet werden. Die Auslegung darf nämlich nicht dazu führen, dass eine von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligte Nutzungsform im Ergebnis weder in Wohnungs- noch in Teileigentumseinheiten erfolgen darf. Die Bedeutung von Zweifelsfragen, die sich aus der Vielfalt von Lebens- und Nutzungsformen notwendigerweise ergeben, wird durch die ständige Rechtsprechung abgemildert, wonach sich eine nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung als zulässig erweisen kann, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung. Der maßgebliche Begriff des Wohnens ist weit zu verstehen, wobei entscheidend ist, welche Nutzung in der Wohnung selbst stattfindet; so dient nach der Rechtsprechung des Senats eine Eigentumswohnung bei der Vermietung an laufend wechselnde Feriengäste als Unterkunft und damit Wohnzwecken. Dagegen bestand bislang in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur zwar im Ausgangspunkt Einigkeit darüber, dass eine Nutzung als Heim oder als heimähnliche Einrichtung nicht zu Wohnzwecken dient; welche Kriterien aber im Einzelnen ein Heim ausmachen, war umstritten und bislang höchstrichterlich nicht entschieden.

Mit der heutigen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof geklärt, dass eine (nicht zu Wohnzwecken dienende) Nutzung als Heim dadurch gekennzeichnet wird, dass die Unterkunft in einer für eine Vielzahl von Menschen bestimmten Einrichtung erfolgt, deren Bestand von den jeweiligen Bewohnern unabhängig ist, und in der eine heimtypische Organisationsstruktur an die Stelle der Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises tritt. Die Grenzen einer Wohnnutzung werden überschritten, wenn die Nutzung nicht nur durch die schlichte Unterkunft, sondern durch die von der Einrichtung vorgegebene Organisationsstruktur und – je nach Zweck des Aufenthalts – durch Dienst- oder Pflegeleistungen und/oder durch Überwachung und Kontrolle geprägt wird. Insoweit bedarf es einer Gesamtschau verschiedener Kriterien, die die Art der Einrichtung und die bauliche Gestaltung und Beschaffenheit der Einheit einbezieht. So wird im Bereich der Altenpflege etwa das betreute Wohnen als Wohnnutzung anzusehen sein, nicht aber eine Nutzung durch stationäre Pflegeeinrichtungen, die in erster Linie Pflege- und Betreuungscharakter haben.

Was die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern angeht, dient die Überlassung von Wohnungen von üblicher Größe und Beschaffenheit an diesen Personenkreis im Grundsatz Wohnzwecken und zwar auch dann, wenn die Bewohner nicht familiär verbunden sind. Eine Überbelegung muss allerdings von den übrigen Wohnungseigentümern nicht ohne weiteres hingenommen werden. Dagegen ist die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 AsylG in der Regel als heimähnliche Unterbringung anzusehen, die grundsätzlich nur in Teileigentumseinheiten erfolgen kann. Denn in der Gesamtschau mit der erforderlichen baulichen Größe und Ausgestaltung der Einheit machen das enge Zusammenleben, die Anzahl und die häufige Fluktuation der Bewohner eine heimtypische Organisationsstruktur erforderlich; in typisierender Betrachtung fehlt es an einer Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises. So müssen etwa Zimmer und Betten zugewiesen, Verhaltensregeln im Hinblick auf Ruhezeiten sowie die Nutzung gemeinschaftlicher Küchen- und Sanitäranlagen aufgestellt und durchgesetzt und etwaige Konflikte zwischen den Bewohnern geschlichtet werden. Ob solche Leistungen tatsächlich erbracht werden, ist für die Unterscheidung zwischen Wohn- und Heimnutzung unerheblich; entscheidend ist, dass sie objektiv erforderlich sind, um ein gedeihliches Zusammenleben der Bewohner zu gewährleisten. Vergleichbare Kriterien gelten bei einem Arbeiterwohnheim. Daran gemessen dienen die von der Beklagten beabsichtigten Nutzungen nicht zu Wohnzwecken. Nach ihrer aus dem Aufteilungsplan ersichtlichen baulichen Gestaltung weist die zuvor als Altenpflegeheim genutzte Einheit Nr. 1 eine heimtypische Beschaffenheit auf und ist für einen auch in einer Wohngemeinschaft unüblich großen Personenkreis ausgelegt; auch soll die Unterbringung von Arbeitern oder Flüchtlingen jeweils in Mehrbettzimmern mit gemeinschaftlicher Nutzung von Küche und Sanitäranlagen erfolgen.

 

Die Entscheidung des Landgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Daher hat der Senat den angefochtenen Beschluss aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der maßgeblichen Teilungserklärung lässt sich nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen, dass die Einheiten ausschließlich als Altenpflegeheim bzw. Praxis dienen dürfen, also auch für die Zukunft die Fortsetzung der zur Zeit der Aufteilung ausgeübten Nutzung vereinbart worden ist. Infolgedessen darf die Einheit zwar nicht zum Wohnen, aber zu jedem anderen Zweck genutzt werden, und damit auch – jedenfalls im Grundsatz – für die von der Beklagten beabsichtigten Nutzungsformen, deren Unterlassung die Klägerin begehrt. Nicht zu prüfen war in diesem Verfahren, ob eine konkrete Ausgestaltung, etwa im Hinblick auf die Zahl der unterzubringenden Personen, unzulässig sein kann, und ob und inwieweit die Beklagte verpflichtet ist, für eine angemessene Organisation der Gemeinschaftsunterkunft und insbesondere die Betreuung und Überwachung der Bewohner Sorge zu tragen.

Vorinstanzen:

AG Starnberg – Urteil vom 18. Dezember 2015 – 3 C 682/15 WEG

LG München I – Beschluss vom 15. Juni 2016 – 36 S 734/16 WEG

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 1 WEG Begriffsbestimmungen

(1) Nach Maßgabe dieses Gesetzes kann an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden.

(2) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.

(3) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.

§ 15 WEG Gebrauchsregelung

(3) Jeder Wohnungseigentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der (…) den Vereinbarungen (…) entspricht.

§ 53 AsylG Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften

(1) Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, sollen in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden.

 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 167/2017 vom 27.10.2017

BGH: Vermieter muss Nebenkostenabrechnung innerhalb eines Jahres abrechnen, auch wenn er selbst noch keine Verwalterabrechnung erhalten hat

Bundesgerichtshof Urteil vom 25. Januar 2017 – VIII ZR 249/15

 

Der Bundesgerichtshof hat sich am 25. Januar 2017 in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob der Vermieter einer Eigentumswohnung, auch noch nach Ablauf der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB* für die Abrechnung über die Betriebskosten eine Nachforderung geltend machen kann, wenn der WEG-Verwalter verspätet abgerechnet hat.

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BGH zur Barrierefreiheit in Wohnungseigentumsanlagen (Einbau eines Aufzugs)

Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Januar 2017 – V ZR 96/16

Der Bundesgerichtshof hat am 13. Januar 2017 entschieden, dass ein einzelner Wohnungseigentümer in dem gemeinschaftlichen Treppenhaus grundsätzlich nur dann einen Personenaufzug auf eigene Kosten einbauen darf, wenn alle übrigen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung hierzu erteilen. Dies gilt auch dann, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer aufgrund einer Gehbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist, um seine Wohnung zu erreichen; die übrigen Wohnungseigentümer können allerdings verpflichtet sein, den Einbau eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe zu dulden. Zu der Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst einen Aufzug einbauen kann, wenn die Wohnungseigentümer dies mit qualifizierter Mehrheit beschlossen haben, verhält sich die Entscheidung nicht.

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WEG-Recht: Von der Wohnungseigentümergemeinschaft ungenehmigte Tagesmuttertätigkeit in einer Eigentumswohnung darf nach bestandskräftigem Untersagungsbeschluss nicht fortgeführt werden

Der u.a. für Wohnungseigentumssachen zuständige V. Zivilsenat hat über die Revision von zwei beklagten Wohnungseigentümern entschieden, deren Mieterin in der Wohnung eine Tagespflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder betreibt. Auf die Klage einer Wohnungseigentümerin waren sie vom Landgericht verurteilt worden, die Nutzung der Wohnung als Kindertagespflegestelle zu unterlassen. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt bereits daraus, dass den Beklagten die Ausübung der Tagesmuttertätigkeit ihrer Mieterin durch einen in der Eigentümerversammlung vom 28. September 2009 gefassten Beschluss der Wohnungseigentümer untersagt worden war. Dieser Beschluss ist nicht angefochten worden und daher für die Beklagten verbindlich. Weiterlesen